Bildungssoziologie

Das Forschungskomitee Bildungssoziologie der Schweizerischen Gesellschaft für Soziologie setzt sich für die soziologische Analyse des kulturellen, sozio-strukturellen, historischen, institutionellen und organisationellen, politischen sowie ökonomischen Kontextes von Bildungsprozessen und ergebnissen auf individueller, institutioneller und gesellschaftlicher Ebene ein, und zwar sowohl innerhalb wie ausserhalb der Schweiz. Dabei kann Bildung sowohl als Explanans als auch als Explanandum von sozialen Beziehungen, sozialen Tatsachen und sozialen Problemen betrachtet werden.

Auf gesamtgesellschaftlicher Makro-Ebene liegt das Interesse beim Beitrag, den Bildung an die Gesellschaft leistet (Stabilität, Ungleichheit), bei der Dynamik und dem Verhältnis zwischen verschiedenen sozialen Systemen (vor allem zwischen Bildung, Familie und Arbeitsmarkt/Wirtschaft), beim sozialen Wert von Bildung (z.B. Statuserwerb bzw. zuweisung), bei der Rolle des Staates, der Bildung bereitstellt, sowie beim gesellschaftlichen Wandel. Auf Meso-Ebene sollen Funktion und Wandel von Bildungsorganisationen ebenso untersucht werden wie Professionsaspekte der im Bildungssektor Tätigen (z.B. Curricula, Rekrutierung, Selektion und Leistungshomogenisierung, Kulturen, Professionalisierung). Auf Mikro-Ebene stehen soziale Interaktionen zwischen Lehrenden und Lernenden, Eltern und Schulleitungen sowie deren Bildungsentscheidungen im Zentrum des Interesses, ebenso der Beitrag von Bildung zur Stärkung der individuellen Autonomie.

Das Forschungsfeld der Bildung umfasst eine breite Palette von Bildungsprozessen und ergebnissen in informellen (z.B. Familie, Gleichaltrigengruppe, Freizeit, Arbeitsplatz), formalen (u.a. Kinderkrippen und Kindergärten, Primarschule, Sekundarschulen, Mittelschulen, berufliche Erstausbildung, Hochschulen, Höhere Berufsbildung, Weiterbildung) wie auch in nicht-formalen, extra-curricularen Settings (z.B. Jugendarbeit, Privatunterricht, kommerzielle Bildungsangebote).

Die Analyse von Bildungsprozessen umfasst individuelle Lernprozesse und –laufbahnen, die in familiale, regionale, nationale und internationale Opportunitätsstrukturen eingebettet sind. Auf institutioneller Ebene beinhaltet diese Analyse auch die Erarbeitung von Lehrplänen und die Implementation von bildungspolitischen Entscheidungen und Reformen auf allen sozialräumlichen Ebenen (von der Gemeinde bis zu transnationalen Strukturen). Akteure und Entscheidungsträger des Bildungssystems können sowohl Individuen als auch Institutionen sein (Gruppen, Organisationen, Netzwerke, Staaten, etc.).

Die Ergebnisse von Bildung können intendiert oder unintendiert sein und in verschiedenen verkörperten, institutionalisierten und symbolischen Formen gefasst werden (z.B. kulturelles Kapital, Know-how, Fähigkeiten, Kompetenzen, Qualifikationen, Zertifikate, Bildungsstufen etc.).

Das Forschungsnetzwerk Bildungssoziologie macht sich stark für umfassende Analysen von Bildungsprozessen und –ergebnissen im Kontext von sozialen Beziehungen und sozialer Ungleichheit (nach Geschlecht, Migrationshintergrund, Herkunft, Schicht, Alter, etc.), wobei Intersektionalität, sozialer und institutioneller Wandel und sozialräumliche (lokale, regionale, nationale, internationale) Variabilität berücksichtigt werden sollen. Das Netzwerk analysiert Bildungsprozesse vor dem Hintergrund der Logiken verschiedener sozialer Kontexte und Diskurse (Bildungsmärkte, Leistungsmeritokratie, Bildungsgemeinschaften, Effizienz, Zivilgesellschaft, etc.). Prozesse und Wirkungen des Bildungssystems können auch in Beziehung stehen mit dem Zugang zu Ressourcen, Macht und Status in anderen Systemen (besonders dem Arbeitsmarkt) oder in der Zivilgesellschaft als solcher.

Das Netzwerk für Bildungssoziologie zielt darauf ab, den wissenschaftlichen Austausch – sowohl fachlich als auch interdisziplinär – im Bereich der Bildung anzuregen und zu organisieren. Es unterstützt insbesondere die Förderung junger Wissenschaftler im Feld der Bildungssoziologie.

Das Netzwerk stärkt die Entwicklung und Sichtbarkeit soziologischer Perspektiven und Theoriebildung im Bereich der Bildungsforschung. Gebunden an die Soziologie, fördert es die theoretische und empirische Beschreibung und Analyse von Bildungsprozessen in verschiedenen, mehr oder weniger institutionalisierten sozialen Kontexten. Es respektiert die Pluralität von Methodologien und vermeidet ein dominantes theoretisches oder methodologisches Paradigma.

Um die Relevanz von Kontexten für Bildungsprozesse und -ergebnisse zu demonstrieren, ermutigt das Netzwerk zur vergleichenden Analyse verschiedener zeitlicher, räumlicher, organisatorischer und internationaler Kontexte. Es nutzt den Vorteil des föderalen Settings der Schweiz mit unterschiedlichen Bildungspolitiken und Bildungssystemen, um vergleichende Forschung und Theoriebildung von internationaler Bedeutung in der Bildungssoziologie zu fördern.

Um die Pluralität theoretischer und methodologischer Ansätze im Bereich der Bildungssoziologie zu fördern, zielt das Netzwerk darauf ab, Wissenschaftler der verschiedenen (Sprach-)Regionen der Schweiz zu repräsentieren und zu verbinden. So berücksichtigt es disziplinäre Traditionen und Entwicklungen in den französisch-, deutsch- und italienischsprachigen Bereichen sowie im anglo-sächsischen Bereich der Bildungssoziologie. Um landesweite Kommunikation und Austausch in der Schweiz zu ermöglichen, dient Englisch (zusammen mit Französisch und Deutsch, wenn angebracht) als Hauptsprache innerhalb des Netzwerks. Über nationale Aktivitäten hinaus strebt das Netzwerk nach internationalem Austausch.

Das Netzwerk fördert den soziologischen Austausch und Diskussionen auf nationaler und internationaler Ebene durch

  • Workshops und Konferenzen
  • Kooperation in Forschung und gemeinsame Publikationen
  • Lehre
  • andere Formen des akademischen Austauschs (z. B. Newsletter, Online-Kanäle und Diskussionen)

Es gibt keine formalen Barrieren oder Anforderungen, um dem Netzwerk beizutreten. Aktive Teilnahme ist jedoch willkommen. Wenn Sie interessiert sind, beizutreten, kontaktieren Sie bitte das Koordinationsteam.

  • 2022, University of Teacher Education, FHNW|University of Basel: “Educational institutions in Switzerland and their paradoxical contribution to social cohesion and disintegration” (Organizers: Regula Julia Leemann (FHNW), Elena Makarova (University of Basel)). [Link auf Conference Program]
  • 2020, University of Bern|PH Bern: “Heterogeneity and Inequality – Differentiation in Education and Consequences for Educational Inequalities” (Organizers: David Glauser (University of Bern), Caroline Sahli Lozano (PHBern), Mathias Mejeh (University of Bern)). Conference-webpage: www.soceduc.edu.unibe.ch/
  • 2018, hep Lausanne: “When the Sociology of Education meets the world of work” (Organizers: Barbara Duc (SFIVET Renens), Kerstin Duemmler (SFIVET Renens), Héloïse Durler (HEP Vaud), Philippe Losego (HEP Vaud)) [Flyer] [CFP] [Programme and Abstracts]
  • 2016, PH Zurich: “Sociological Perspectives on Education” (Organizers: Christoph Mäder (PHZH, Alex Knoll (PHZH), Christian Imdorf (UniBE))
  • 2014, HEP|PH Fribourg: “Sociological Perspectives in Research on Education in Switzerland” (Organizers: Christian Imdorf, Carmen Zurbriggen, Alex Knoll, Hugo Hanbury, Daniel Hofstetter)

Koordinationsteam:

David Glauser (Universität Bern)

Irene Kriesi (Eidgenössische Hochschule für Berufsbildung EHB)

Gaële Goastellec (Universität Lausanne)

Kerstin Duemmler (Eidgenössische Hochschule für Berufsbildung EHB)

Mario Steinberg (Universität Basel und Pädagogische Hochschule Zürich)

Ehemalige Mitglieder des Koordinationsteams:

Barbara Fouquet-Chauprade (Universität Genf)

Chantal Hinni (Universität Freiburg)

Philippe Losego (Pädagogische Hochschule Vaud, Lausanne)

Farinaz Fassa (Universität Lausanne)

Christian Imdorf (Leibniz Universität Hannover)

Carmen Zurbriggen (Universität Luxemburg)

Kontakt für allgemeine Anfragen: education@sgs-sss.ch

Kontakt für Newsletterbeiträge: Fanny Marila Klaffke (Pädagogische Hochschule FHNW, Muttenz) oder newsletter.education@sgs-sss.ch